Baby, Kind & TeenErziehung

Gefühlsstarke Kinder: „Mein Kind macht kein Drama – es erlebt ein Drama.“

von
Dorothee Dahinden

Gefühlsstarke Kinder – das ist Nora Imlaus Thema. Aber: Was bedeutet Gefühlsstärke eigentlich genau? Was unterscheidet gefühlsstarke Kinder von hochsensiblen Kindern? Und wie können wir bei einem Wutsturm als Eltern ruhig bleiben? Diese und weitere Fragen beantwortet Buchautorin, Familienspeakerin Nora Imlau in diesem Interview. Geht ins Ohr, geht ins Blut – so ergeht es mir, Doro, bei Noras Worten. Eine Wohltat. Ihr Blick: mit Verständnis für Kinder und Eltern.


Werbung* – weil wir über Noras neues Buch „Du bist anders, du bist gut“ sprechen und ich euch alles verlinke und ein Affiliate Link dabei ist. Ich fand das erste Buch „So viel Freude, so viel Wut“ zum Thema „gefühlsstarke Kinder“ schon so toll und dachte mir: Ich möchte einen Artikel dazu machen – weil mir Noras Bücher sehr helfen.


Das hier ist übrigens schon der dritte Artikel mit Nora auf MutterKutter. Worüber wir hier in der Vergangenheit noch gesprochen haben, das erfahrt ihr weiter unten.

Was sind eigentlich gefühlsstarke Kinder genau?
Das Interview mit Nora Imlau

Liebe Nora, ich muss dir ja ehrlich sagen: deine Bücher über gefühlsstarke Kinder sind eine Wohltat für mich. Sie nehmen mich mit, ich finde mich wieder und bin dankbar für deine Lösungsangebote. Danke dafür. Ich würde mich mit dir gerne hinter die Kulissen begeben. Magst du uns mal einen Einblick in dein Privatleben geben – wie kamst du dazu, dich mit dem Thema „gefühlsstarke Kinder“ zu beschäftigen. Wie sieht dein familiärer Hintergrund aus?

Oh, ich freue mich sehr, dass dir meine Bücher über gefühlsstarke Kinder gefallen und weiterhelfen. Ich selbst bin Mutter von vier Kindern, von denen eins gefühlsstark ist. Von jedem Bedürfnis, jeder Emotion scheint es nur die Extremvariante zu kennen.

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Der Alltag – eine Achterbahnfahrt
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Foto: Nora Imlau, Familienspeakerin, Buchautorin & Journalistin

Unser Alltag gleicht dementsprechend einer niemals endenden Achterbahnfahrt der ganz großen Gefühle. Bei der wir Eltern auf dem Beifahrersitz mitgeschleudert werden in die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen. Unser gefühlsstarkes Kind ist wild und ungestüm, bewegungsfreudig und freiheitsliebend, nachdenklich und kreativ, aufbrausend und ungeheuer nähebedürftig.

Ein explosiver Mix, der mich oft an meinen Fähigkeiten als Mutterließ. Bis ich anfing, das besondere Temperament gefühlsstarker Kinder zu studieren.

Wann wurde dir klar – mein Kind braucht ein besonderes Verständnis? Was waren so die klassischen Situationen?

Das wären diese ganz typischen Situationen im Leben mit einem gefühlsstarken Kind, indem man sich als Elternteil fragt: Warum muss mein Kind um jede Kleinigkeit so ein Drama machen? Ob ein Flummiball hinters Sofa rollte oder die Nudeln auf dem Teller die Erbsen berührten – jede Winzigkeit war Anlass für ausdauernde Wutanfälle und schlimme Verzweiflung.

„Mein Kind macht kein Drama – es erlebt ein Drama.“

Als ich dann anfing, über die Besonderheiten im Gehirn gefühlsstarker Kinder zu recherchieren, wurde mir dann klar: Mein Kind macht kein Drama – es erlebt ein Drama. Denn sein Gehirn verarbeitet jede kleine Störung als massives Stress-Signal.

Warum war es dir wichtig, das Wort „gefühlsstark“ und eben nicht hochsensibel zu nutzen, auch im Hinblick auf deine Familie?

Der Begriff der Hochsensibilität ist sehr hilfreich und wichtig, um zu beschreiben, warum etwa 20 Prozent aller Menschen zarter besaitet sind als andere. Gefühlsstarke Kinder sind aber nicht nur besonders sensibel – sie sind auch besonders willensstark, besonders energisch, bewegungsfreudig, wild, wachsam, nähebedürftig und freiheitsliebend.

„Längst nicht jeder hochsensible Mensch ist auch gefühlsstark.“

Diese besonders starken Impulse und Gefühle in alle Richtungen sind es, die ich Gefühlsstärke bezeichne. Das heißt: Die allermeisten gefühlsstarken Kinder sind unter anderem auch hochsensibel, doch längst nicht jeder hochsensible Mensch ist auch gefühlsstark.

Für alle, die deine Bücher noch nicht gelesen haben. Welche Merkmale haben gefühlsstarke Kinder?

Gefühlsstarke Kinder sind ‚Mehr von allem‘-Kinder. Sie haben ein angeborenes Temperament, das sie sämtliche Gefühle besonders intensiv empfinden und nach außen tragen lässt. Sie brauchen mehr Bewegung als andere Kinder. Und weniger Schlaf. Sie sind ungeheuer verkuschelt, brauchen aber auch ganz viel Freiheit.

Gefühlsstarke Kinder brauchen besonders enge Begleitung und Unterstützung.

Um die Stürme, die in ihrem Inneren toben, einigermaßen bändigen zu lernen, brauchen sie über viele Jahre besonders enge Begleitung und Unterstützung. Und: Gefühlsstarke Kinder haben eine Eigenschaft, die der dänische Familientherapeut Jesper Juul ‚eine ausgemachte Allergie gegen Erziehung‘ nannte: Sie rebellieren gegen jede Regel, die sie nicht einsehen, lassen sich nicht erpressen und nicht manipulieren. Und jede Form von Druck und Strafe bewirkt bei ihnen nur noch mehr Widerstand.

Wollen sie etwas hingegen aus eigenem Antrieb, sind sie vor lauter Leidenschaft und Hingabe überhaupt nicht zu bremsen.

Nehmen wir mal eine konkrete – vielleicht auch klassische – Situation: Mein gefühlsstarkes Kind hat einen Wutausbruch. Der Auslöser mag für uns Erwachsene vielleicht erstmal eine Lappalie sein – das Kind sollte zum Essen kommen, hat aber grad gespielt und wollte nicht. Danach folgt eine halbe Stunde geballte Wut. Türen fliegen. Essen fliegt. Manchmal ist es schwer, sein eigenes Kind zu beruhigen. Und selbst auch ruhig zu bleiben. Welche Lösungsstrategie hast du für solche Situationen?

Grundsätzlich können Eltern gefühlsstarker Kinder solchen Wutausbrüchen vorbeugen, wenn sie verstehen, dass diesen Kindern abrupte Übergänge große Probleme bereiten, die sich dann oft in Aggressionen entladen. Da hilft ein sanfter, begleiteter Übergang: zehn Minuten mitspielen, das Spielgeschehen zu einem Punkt lenken, an dem man gut pausieren kann, dann freundlich und klar zum Esstisch lotsen.

Wutausbruch? Tief durchatmen!

Ist der Wutausbruch bereits in vollem Gange, hilft vor allem, sich klar zu machen, dass das Kind gerade nicht so toben will, sondern dass es von seinen eigenen Gefühlen völlig übermannt wird. Was ihm jetzt am meisten hilft, sind Eltern, die tief durchatmen und ihm eine Brücke da raus bauen – indem sie sich selbst an den Tisch setzen, nicht schimpfen, nicht drängen, nicht drohen, sondern mit ihrer ganzen Körpersprache signalisieren: Alles ist gut, setz dich einfach zu uns, wenn du so weit bist.

Inwiefern bereichern deiner Meinung nach „gefühlsstarke Kinder“ unsere Gesellschaft?

Gefühlsstarke Kinder haben einen starken Gerechtigkeitssinn und trauen sich, den Mund aufzumachen, wenn aus ihrer Sicht etwas verkehrt läuft: Eine unschätzbar kostbare und wichtige Fähigkeit in einer Demokratie. Sie sind kreativ und erfinderisch, mutig und empathisch und können unglaublich gut um die Ecke denken und neue Lösungen für alte Fragen finden. Alles Eigenschaften, mit denen sie unsere Gesellschaft ungeheuer bereichern können.

Gefühlsstarke Kinder verändern uns Erwachsene im positiven Sinne!

Ihr vielleicht größter Verdienst ist jedoch, dass sie uns Erwachsene durch ihr intensives Wesen dazu zwingen, uns mit unseren eigenen Prägungen und Glaubenssätzen auseinander zu setzen und einen neuen, wertschätzenden Umgang miteinander zu finden. Weil alles andere im Miteinander mit gefühlsstarken Kindern nicht fruchtet.

Und, zum Abschluss: Bist du eigentlich auch gefühlsstark? Ich würde sagen, so wie ich dich erlebt habe: Nora kennt viele Gefühle und kann sich deshalb so gut anderen annehmen, sich in andere hineinversetzen. Oder irre ich mich da?

gefühlsstarke Kinder
Absolute Abendlektüre!

Ich bin selbst nicht gefühlsstark, würde mich aber dem hochsensiblen Spektrum zuordnen. Deshalb kann ich mich – denke ich – in die intensiven Gefühlswelten gefühlsstarker Kinder sehr gut hineinversetzen. Auch wenn mir ihre unglaubliche Ausdauer, ihr motorisches Geschick und ihre Fähigkeit, prima mit sehr wenig Schlaf klar zu kommen, völlig abgeht.

Was ich aber definitiv sagen kann, ist, dass ich durch mein gefühlsstarkes Kind meinen eigenen großen, teilweise lange unterdrückten Emotionen sehr viel näher gekommen bin. Und dafür bin ich unglaublich dankbar.


Die Buchautorin Nora Imlau findet ihr auf Instagram, Facebook und TwitterAuf ihrer Homepage findet ihr Noras Bücher. Und hier geht es direkt zu Noras Buch „Du bist anders, du bist gut“ (Affiliate Link* – für diesen Link erhalten wir eine Provision, wenn über den verlinkten Anbieter (Amazon) ein Kauf zustande kommt. Für dich entstehen dadurch keine Mehrkosten. Für das reine Setzen des Links erhalten wir kein Geld.)

Nora Imlau auf MutterKutter  – hier findet ihr weitere Artikel mit der Familienspeakerin:

♥ Whoozer! Deine 6 Tipps für mehr Entspannung im Alltagswahnsinn.

Ultraschall in der Schwangerschaft: Ist er tatsächlich gefährlich?

Nora Imlau: „Entscheidend ist letztlich das, was unsere Kinder fühlen. Was bei ihnen ankommt. Jetzt und auch in Zukunft.“ Film & Interview.


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